Ein Auslandssemester in Schweden, ohne die Hauptstadt
gesehen zu haben, das geht nicht, fanden Lisa und ich. Obwohl es zwischen den
Göteborgern und den Stockholmern eine gewisse Rivalität gibt (Wer hat denn nun
den „richtigen“ Schärengarten?) und wir uns inzwischen fast als echte
Göteborger fühlen, machten wir uns also im November auf die achtstündige
Busfahrt in die Hauptstadt.
Drei Nächte lang war das Schiff Gustaf af Klingt unsere
Herberge. Eine ziemlich enge und schaukelnde, wie sich herausstellen sollte.
Gut, dass ich meine Reisetabletten dabei hatte. Sonst hätte es sich mit dem
Frühstück an Bord schwierig gestaltet.
Unser Hostel |
Ausblick vom Frühstücks-Deck |
Tag eins war wetterbedingt unser Museums-Tag. Wir begannen
seriös: Vasamuseet, das, wo das Riesenschiff, das bei seiner Jungfernfahrt noch
im Hafen sank, zu besichtigen ist, während Wissenschaftler versuchen, es vor
dem sicheren Verfall zu retten. Ein Schiff, toll. Das mag so mancher denken. In
Wirklichkeit ist das Museum jede der 100 Kronen Eintritt wert. Nicht nur, dass
der Anblick des Holz-Kolosses wahrhaft beeindruckend ist. Auch rund herum wird
multimedial der Bau geschildert, nach Gründen für den Untergang gesucht und das
Leben auf See zu der Zeit beschrieben.
Vasaskeppet |
Weil der Regen kurzzeitig in Niesel-Sprinkler übergegangen
war und wir ja schon dabei waren, das volle Touristen-Programm abzuarbeiten,
war unser zweiter Stopp das Freilichtmuseum Skansen. Zugegeben, der November
ist nicht der optimale Besuchsmonat dafür. Trotzdem genossen wir unseren
Spaziergang durch den Park mit den vielen verschiedenen und jeweils für eine
schwedische Landschaft typischen Bauten.
Unser drittes Museum an diesem Tag war, nun ja,
nicht unbedingt für unsere Altersklasse gedacht und gleichzeitig das, in dem
wir die meiste Zeit zubrachten: Junibacken.
Mit dem Märchenzug ging es quer durch die
wichtigsten Kindergeschichten skandinavischer Autoren. Während eine
großmütterliche Stimme Kindheitserinnerungen weckte („Weißt du noch, als auf
Katthult das große Fest geplant war und Michel auf die Idee kam, seine
Schwester Ida an der Fahnenstange zu hissen?“) fährt man im Bummeltempo an
liebevoll nachgebauten Miniaturszenen aus den verschiedensten Kinderbüchern
vorbei. Von Michel (der auf Schwedisch übrigens Emil heißt) über Madita,
Karlsson vom Dach, Nils Karlsson Däumling, die Brüder Löwenherz, Ronja Räubertochter
bis hin zu Nils Holgersson. Alle Kindheitshelden waren dabei! Am Ende der
Zugfahrt wollten wir gar nicht wieder aussteigen.
Doch damit nicht genug. Getreu den
Bücherillustrationen sind in zwei Räumen die Wohnsitze der Hauptfiguren
begehbar nachgebaut. Also besuchten wir Mama Muh, kramten in Petterssons
Tischlerschuppen, streichelten Pippis Kleinen Onkel und spazierten durch die
Villa Kunterbunt.
Ich könnte noch seitenlang weiterschwärmen, aber
ich denke, das reicht, um euch zu vermitteln, dass ihr bei eurem nächsten
Stockholm-Besuch auf jeden Fall einen Junibacken-Aufenthalt einplant!
Petterssons Tischlerschuppen! |
Am nächsten Morgen sollte es auf nach Uppsala
gehen. Diese Reise stand zunächst unter keinem guten Stern. Zunächst erschien eine
27-köpfige Reisegruppe beim Frühstück im Hostel, die sich mit uns zwei
Toiletten und ein Waschbecken teilte und die wir in unserer Zeitplanung nicht
berücksichtigt hatten. Außerdem hatten wir die Komplexität des öffentlichen
Verkehrsnetzes in der Hauptstadt unterschätzt. Obwohl nur zwei U-Bahn-Stationen
vom Hauptbahnhof entfernt, war es uns unmöglich, dort das Gleis in die richtige
Richtung zu finden. Also flitzten wir los, um einen Bus zu finden. Nachdem wir
drei Busfahrer gefragt und die uns jeweilig in drei verschiedene Richtungen
verwiesen hatten, blieben nur noch beängstigend knappe 15 Minuten, um in dem
Chaos aus Wasser (das war sowieso immer im Weg), Schienen und Straßen den Weg
zum Bahnhof zu finden. Wie durch ein Wunder tat sich bei unserer Hatz durch die
Stadt eine U-Bahn-Station auf, in der wir durch Zufall in die richtige Bahn
hüpften und einem Schweden mit Ortskenntnissen die richtige Richtung für den
folgenden Sprint zum bereits gebuchten und bezahlten Bus zu entlocken. Dank
seiner Hilfe erreichten wir unseren Bus in letzter Minute, völlig atemlos und
am Ende.
Nachdem er schon fast in unerreichbare Ferne
gerückt gewesen war, genossen wir unseren Uppsala-Aufenthalt umso mehr. Eine
niedliche, gemütliche kleine Studentenstadt mit einem beeindruckenden Dom, in
dem ganz viele wichtige Menschen begraben liegen oder zumindest in Stein
gemeißelt in Erinnerung gehalten werden. Vier Stunden Uppsala reichen aber
auch, um das Städtchen gründlich erkundet zu haben. So machten wir uns auf den
Weg zum Bus. Rechtzeitig dieses Mal.
Das Uni-Hauptgebäude |
Dann war auch schon der Tag der Abreise gekommen.
Vorher absolvierten wir aber noch einmal einen kleinen Sightseeing-Marathon.
Hostel – Aussichtspunkt – City Hall – königliches Schloss – Weihnachtsmarkt –
Wachwechsel – Busbahnhof – und Tschüss Stockholm! Wir kommen wieder, ganz
bestimmt – dann aber im Sommer… ;-)
Der Blaue Saal. Blau? Der Architekt fand rot dann doch schöner. Umbenannt wurde der Saal aber nicht. Er ist Schauplatz für das Nobel-Dinner mit Preisträgern und der Königsfamilie. |
Weihnachtsmarkt in Gamla Stan |
Wachwechsel am königlichen Schloss |
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