Es geht hier also noch ein bisschen weiter, auch wenn ich inzwischen wieder in Deutschland bin ;-)
Von meiner ersten EM-Woche in Kopenhagen konntet ihr ja schon im letzten Post lesen. Danach ging es aber erst so richtig los in Dänemark. Daran sind acht Kerle schuld, die für die Dauer des Turniers ein Ferienhaus in der Nähe von Silkeborg gemietet und mich dort herzlich aufgenommen haben. Sie nannten unsere WG "Das Deutsche Haus", was ich zunächst gewöhnungsbedürftig fand. Den Kern der Sache trifft dieser Name doch sehr gut. Schließlich waren wir eine Art deutsche Enklave in Dänemark und vermutlich die einzigen Journalisten, die angereist waren, obwohl die eigene Nationalmannschaft gar nicht qualifiziert war.
Trotzdem gab es genug zu tun, denn die vier größten Bundesligisten waren irgendwie auch in unserem Haus vertreten. Ruwen aus Flensburg, Nils aus Hamburg, Michael aus Mannheim und Wolf und ich aus Kiel hatten auch ohne deutsche Beteiligung am Turnier genug Spieler "unserer" Vereine zu beobachten.
Wir pendelten also täglich nach Herning oder Arhus, wo die Hauptrundenspiele stattfanden, sahen drei Spiele und kehrten nach getaner Arbeit meist nach Mitternacht in unser Domizil zurück. Natürlich durfte Handball nicht der einzige Tagesinhalt bleiben, weshalb ausgiebig Gebrauch von Tischtennisplatte, Billardtisch und Dartscheibe gemacht wurde, bevor es ins Bett ging. Ich lernte schnell, dass es bei Männern ohne Wettbewerb nicht geht. Also wurde ich bald zur Punktelieferantin im Tischtennis-Turnier und entwickelte mich beim Billard zur gefährlichen, weil unberechenbaren Gegnerin.
Nach ein paar Stunden Schlaf wurde morgens zum Frühstück Tennis geschaut, anschließend folgte ein Fußball-Match bei Eiseskälte. Je nach Haus- und somit Mannschaftskonstellation wurde ich als Schiedsrichterin, Fotografin oder Mitspielerin gebraucht. Wie gut, dass ich mit zwei kleinen Brüdern und einem fußballbegeisterten Vater aufgewachsen bin und mir schon früh im Garten Kick-Duelle geliefert habe!
Dekoration des Hauses |
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Ach ja, der Bundestrainer folgte der Einladung ins Deutsche Haus und lieferte uns Anlass zum Medien-Brunch |
Dem Handball-Turnier fehlte in der Hauptrunde leider aufgrund mangelnder Überraschungen die Spannung. Doch am Horizont leuchtete für die Jungs ein Ereignis, das ihre Augen schon bei meiner Ankunft zum Glänzen gebracht hatte: Das Journalisten-Turnier! Nachdem die Jungs durchgeboxt hatten, als rein deutsche Mannschaft zu starten, damit Deutschland irgendwie doch bei dieser EM vertreten war, hatten sich auch die Franzosen dazu entschlossen, eine eigene Mannschaft zu stellen. Aus dem geplanten Dänemark gegen den Rest der Welt wurde eine kleine EM auf Journalistenebene, die am Halbfinaltag stattfinden sollte. Akribisch wurde sich vorbereitet und unsere wachsende Fangemeinde über Facebook auf dem Laufenden gehalten.
Am Tag des Großereignisses herrschte dann plötzlich Spielermangel in unserem Team. Der Ein- oder Andere hatte es sich doch noch anders überlegt. So kam ich völlig unerwartet zu meinem ersten Handballspiel. Debüt im EM-Halbfinale. Das erlebt auch nicht jeder.
Im Spielertunnel hatten wir die "echten" Franzosen getroffen, die vor uns trainiert hatten und es nun bedauerten, dass sie ins Hotel zurück mussten und uns nicht beim Versuch, Handball zu spielen, zusehen konnten. Immerhin gab es von Herrn Karabatic höchstpersönlich Tipps, wie wir unseren Halbfinalgegner Europa bezwingen könnten: "Einfach auf die Fresse!"
Vor 14000 leeren Sitzen in der Jyske Bank Boxen entwickelte sich unsere Chaoten-Truppe zu einer echten Turniermannschaft. Europa wurde ohne größere Probleme besiegt. Danach wartete Frankreich im Finale. Wie wir auch das Endspiel gewinnen konnten, ist eigentlich nicht zu erklären. Individuell waren die Franzosen definitiv stärker, immerhin gaben bei uns die Kieler Nachrichten geschlossen ihr Handball-Debüt.
Viel Zeit blieb nicht, um den Triumph zu feiern, denn die Profis wollten ja noch ihre Halbfinals austragen. Aus deutscher Perspektive waren wir jedoch die Mannschaft des Tages. Glückwünsche von Martin Heuberger, Ljubomir Vranjes und Viktor Szilagyi trudelten ein. Neu-DHB-Präsident Bernhard Bauer gratulierte höchst persönlich und auch das Presse-Echo blieb nicht aus.
Nach diesem Turnier-Höhepunkt konnte natürlich nicht mehr viel kommen. Klar, da war noch das richtige EM-Finale zwischen Dänemark und Frankreich. Doch das gestalteten die Franzosen so eindeutig, dass es schon fast wieder langweilig war.
Und schon war das Turnier vorbei und das Deutsche Haus verstreute sich in alle Richtungen. Allerdings nicht, ohne sich ein neues Ziel zu setzen: Medien-Weltmeister 2015 in Katar zu werden ;-)
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